Die "Jahrestage" von Uwe Johnson (1934-1984) erschienen in den Jahren 1970, 1971, 1973, 1983.

In 366 Tageseinträgen vom 21. August 1967 bis zum 20. August 1968 wird das Leben der Gesine Cresspahl erzählt.

Mein Vorhaben: Zum jeweiligen Datum den Eintrag zu lesen und hier meine Gedanken, Kommentare zu posten


Montag, 28. Mai 2012

28. Mai 1968


Das habe ich mich schon länger gefragt, aber heute kommt die Antwort: „Nachdem Cresspahl verschwunden war, übernahm Jakob seinen Haushalt nicht gerne.“ Aber geschickt, sollte man hinzufügen. Er führt sofort Miete ein, um von irgendetwas leben zu können, nimmt das Ausfüllen der „Personenstandsaufnahme“ absolut korrekt und kann Cresspahl mit auf die Liste setzen (eine Lebensmittelkarte mehr) und führt den Haushalt mir ruhiger Hand. Niemand wir aufmüpfig – und auch wenn es nicht geschrieben steht: man respektiert ihn. Als sich Amalie Creutz erhängt muss dann aber erst Gesine dafür sorgen, dass man da mehr tun muss, als sie nur abhängen und waschen. So schickt sie ihn quasi zum Sarg holen und organisiert quasi die Beerdigung. Bei der Beerdigung heißt es: „In den Augen Jerichows stand sie [Gesine] da für das Haus Cresspahl …“ Sie hat auch die Sachen ihres Vaters sortiert „und doch ging ihr auf, dass sie die Sachen sortiert hatten wie den Nachlaß eines Verstorbenen.“ Sie ist es auch, die Jakob die Sorge abnimmt, wie man nun Weihnachten zu feiern hätte und erkundigt sich bei ihm für ihn kryptisch, ob den englische Freundschaften in der jetzigen Zeit gefährlich wären. Das Gerücht geht um, Jerichow würde im Tausch dem Westen, in diesem Fall den Briten zugeschlagen – aber wie gesagt: Ein Gerücht. „Jakob war nicht mit sich zufrieden als Vorstand der Familie“, aber er macht seine Sache echt gut – wohl auch, da alle die Situation erkennen und keiner meint, besonders ‚wichtig’ sein zu müssen.

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