Die "Jahrestage" von Uwe Johnson (1934-1984) erschienen in den Jahren 1970, 1971, 1973, 1983.

In 366 Tageseinträgen vom 21. August 1967 bis zum 20. August 1968 wird das Leben der Gesine Cresspahl erzählt.

Mein Vorhaben: Zum jeweiligen Datum den Eintrag zu lesen und hier meine Gedanken, Kommentare zu posten


Donnerstag, 5. Juli 2012

5. Juli 1968


Wusste ich gar nicht: Der ehemalige Bundeskanzler Kiesinger war in leitender Funktion davor beim Außenministerium der Nazis beschäftigt, Abteilung Abhören. Ansonsten heute die recht flott geschriebene Lebensgeschichte von Emil Knoop, Sohn eines gneezer Kaufmanns für Kohle, Fuhrgeschäfte, Import und Export. Emil weiß um die Stellung seines Vaters und schlägt in der Jugend über die Strenge – der Vater wird’s mit einer Spende schon richten, so auch das Abitur. Geht dann zu den Nazis, wird Oberleutnant und kann aber 1945 den Briten weiß machen, dass er nur Parteibeiträge gezahlt habe – nix sonst. Und dann zieht er, nicht grün hinter den Ohren, ein neues Fuhrgeschäft auf, verdient prächtig daran, denn er besorgt auch den Sowjets alles, was sie brauchen. Ein Angeber vor dem Herrn, dennoch mit einem Stück weicher Seele, da er, wenn es ihm gerade passt, auch an andere denkt und sogar selbstlos sein kann. Eine schillernde Figur – doch ein paar Jahre später ist es mit der Herrlichkeit vorbei, die Russen verhaften ihn, er wächst ihnen wohl über den Kopf mit allen den Freiheiten, die er sich rausnimmt, die sie ihm gewähren müssen. Nennt man solche Leute nicht Kriegsgewinnler?

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