Ein sehr eleganter Eintrag heute, äußerst elegant. Mr. F. F. Fleury, „dem die annie Killainen mit drei Kindern weggelaufen ist“ – und bei Gesine Unterschlupf gefunden haben – schreibt einen äußerst gewählten Brief an Gesine. Er wird einerseits nacherzählt, anderseits mit den (gedanklichen) Kommenta-ren von Gesine versehen. Und da wird – wenn auch formvollendet – nichts anderes getan, als schmutzige Wäsche gewaschen. Sie hat nicht zugestimmt, als er ihr – im übertragenen Sinne – das ‚Du’ angeboten hat, „denn es hätte etwas mehr werden sollten als ein Wechsel bloß in den Formen der Anrede“, was er nun entschuldigend als „Starrheit aus Natur“, der „deutschen Natur“, deklariert. Der größte Teil geht aber um die unterschiedlichen Ansichten der Rolle der USA im Vietnam-Krieg, da gibt er keinen Deut nach und versucht Gesine zu beweisen, das sie Unrecht und er Recht hat. Dickkopf Mann. Oder einfach nur naiv, weil er glauben will? Weil er an das Gute glauben will und nicht hinter jeder Ecke Verschwörungen sehen will? Und das ist natürlich ein klasse Link zu Jerichow, der Versuch einer Parallelisierung, wie eine Gesellschaft mit großen Entwicklungen umgeht. Ist – so stellt sich die Frage, nach den Erfahrungen des 2. Weltkrieges, jedes politisches Agieren nicht nur zu hinterfragen, sondern schon als Betrug an der Gesellschaft zu werten? Ist politisches Agieren per se eine Aktion der Mächtigen zum Machterhalt und nicht zu Wohle der Gesellschaft? Er stößt mit seinen Aussagen jedenfalls nicht gerade auf eine Art Zuneigung von Gesine. Der Hammer folgt am Schluss. Annie möge doch bitte nach Hause zurückkehren, Geld sei für ein halbes Jahr vorhanden, er würde nicht da sein. „Er hat sich freiwillig für den Einsatz in Viet Nam gemeldet, gewiß, aber sie haben ihn nicht genommen.“ Jetzt ist er dort als Reporter.
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