Die "Jahrestage" von Uwe Johnson (1934-1984) erschienen in den Jahren 1970, 1971, 1973, 1983.

In 366 Tageseinträgen vom 21. August 1967 bis zum 20. August 1968 wird das Leben der Gesine Cresspahl erzählt.

Mein Vorhaben: Zum jeweiligen Datum den Eintrag zu lesen und hier meine Gedanken, Kommentare zu posten


Samstag, 30. Juni 2012

30. Juni 1968


Wir bleiben im Jahr 1947. Gesine nimmt Tanzstunden – das gibt’s heute immer noch – fliegt aber aus dem Konfirmationsunterricht nach zwei Stunden raus, was jetzt so niemanden wirklich überraschen dürfte. Ansonsten, wie sich manche an die Sowjets schmeißen, anderen Abstand wahren. Und, wie so oft bei Johnson: ein bunter Reigen an Eitelkeiten.

Freitag, 29. Juni 2012

29. Juni 1968


Gesine ist und bleibt als Kind so etwas wie starrköpfig. Lässt sich einen neuen Mantel machen und setzt, wenn auch nicht vollständig, ihre Vorgaben gegenüber der Schneiderin durch. Langer Bericht, wie sie sich durch den Schulalltag schlägt.

Donnerstag, 28. Juni 2012

28. Juni 1968


Offener Brief von fast „siebzig [tschechoslowakischen] Autoren, Bauern, Technikern, Ärzten, Wissenschaftlern, Philosophen, Sportler, Künstlern“ an die kommunistische Partei mit dem Aufruf von Reformen, hin zum Sozialismus. Gesine verfolgt die Reaktionen.

Mittwoch, 27. Juni 2012

27. Juni 1968


Gesine, 13-jährig im Herbst 1946, zieht nach Gneez um, in die Kreisstadt. Ausführliche Beschreibung der Stadt. Aber wo kommt sie unter? In das „Sammelkinderheim“? Es gibt Interzonenpässe, die ersten ‚machen rüber’, was die Wohnraumsituation entspannt.

Dienstag, 26. Juni 2012

26. Juni 1968


Nach langer Zeit mal wieder eine neue Person: Ginny Carpenter aus der Nachbarschaft. Reich, engagiert in tausend Dingen, Schwarzen-Hasserin. Marie geht oft zu ihr, auch um nachzuprüfen wie das ist „Leben mit einem Vater“, ansonsten um Fernsehen zu schauen. Carpenter will mehr als nur eine Nachbarin sein, „Freunde eben“, aber das scheint nicht zu funktionieren, denn Gesine kann mit ihr nicht wirklich. Es ist eher Pflicht. Am Ende des Eintrages Dialog zwischen Gesine und Johnson, der ihr durch diese Schilderung den Abschied von New York leichter machen will, denn Gesine muss wohl bald für drei Wochen beruflich nach Prag. (Das hab’ ich eh die ganze Zeit unterschlagen, all die politischen Nachrichten aus der Tschechoslowakei. Was ich nicht unterschlagen habe sind die Nachrichten aus der NYT – die gibt es schon seit längerem nicht mehr.)

Montag, 25. Juni 2012

25. Juni 1968


„Die Wahlen zum mecklenburgischen Landtag vom 20. Oktober 1956 zeitigten drei Ergebnisse.“ 1. Die Familien der Mitarbeiter, die in den Arado-Werken – ein Kriegsbetrieb der Sonderstufe – werden in die Sowjetunion ‚verbracht’, genauso wie das gesamte Werke – Reparationszahlung. 2. Dadurch bekommt die Volkszählung einen Knick, denn es werden noch ein paar andere Familien aus ähnlichen Gründen ‚verbracht’. 3. Der Landrat von Gneez verbringt wegen der Pistolengeschichte anderthalb Tage im Gefängnis.

Sonntag, 24. Juni 2012

24. Juni 1968


Der Wahlkampfleiter ist einen Tag vor den Landtagswahlen in Mecklenburg zu Gast, er will eine Rede halten. Freundlich ist er nicht gerade angekündigt worden und als er sich bei den beiden Kommandanten beschweren will, wollen die von ihm gar nichts wissen und nehmen ihm erst einmal die Pistole hat, die er verbotenerweise trägt. Da hilft auch kein protestieren, da hilft ihm sein russisch auch nix. Er kann dann doch die Rede halten – aber niemand reagiert großartig. Und schließlich ergreift noch Bürgermeister Alfred Bienmüller das Wort – nicht gerade das, was sich die Einheitspartei als Rede vorgestellt hat. Dennoch, die S.E.D. gewinnt in Jerichow 70 Prozent der Stimmen, mehr als im Landesdurchschnitt.