Auf der Suche nach einem
Sommercamp für Marie. Sie nimmt das preisgünstigste.
Die "Jahrestage" von Uwe Johnson (1934-1984) erschienen in den Jahren 1970, 1971, 1973, 1983.
In 366 Tageseinträgen vom 21. August 1967 bis zum 20. August 1968 wird das Leben der Gesine Cresspahl erzählt.
Mein Vorhaben: Zum jeweiligen Datum den Eintrag zu lesen und hier meine Gedanken, Kommentare zu posten
Samstag, 23. Juni 2012
Freitag, 22. Juni 2012
22. Juni 1968
Gesine, so befinden Jakob und ihre Mutter,
hat „Nücken“ im Kopf. Den Ausdruck habe ich echt noch nie gehört. An zwei
Dingen lässt sich das festmachen. Erstens: Sie, das dreizehnjährige Mädchen,
grüßt nicht mehr jeden – und da ist sie furchtbar konsequent. Pastor Brüshaver
ist einer davon, der für sie nun Luft ist – selbst wenn er zuerst grüßt. Die
Begründung: Er macht Politik mit den Sowjets und die halten ihren Vater ja nach
wie vor gefangen. Zweitens – und das verwundert – will sie ab nun wissen, welchen
Schwarzhandel Jakob mit wem durchführt. Er muss ihr ab nun alle Pläne vorlegen
und ohne ihr O.K. geht gar nichts mehr. Da rebelliert jemand, da will jemand
Stellung beziehen, da will jemand (für sich) die Welt ordnen. Wirklich gute
Passage, als Jakob ihr vorrechnet, was zwei Sack Weizen (klar, schwarze Ware),
wert sind. 2 Sack Weizen = 6.000 Mark = 160 Zentner Brikett, nebst
Wintermantel, Nähgarn, Futter. Man rechnete eben anders. „Es war an einem Abend
im Winter 1946, als er ihr die geschäftlichen Verwertung ihres Ernteverdienstes
ausdeutete, der Ofen war schon geheizt mit Kohle aus Butter (vier Pfund je
Zentner), in der Lampe brannte schon das Öl, das er für den Winter angeschafft
hatte (eine Mandel Eier).“ (Mandel,
altes Mengenmaß: kleine Mandel: 15 Stück, große: 16 Stück.)
Donnerstag, 21. Juni 2012
21. Juni 1968
Über die ersten Wahlen in der sowjetischen
Zone. Nix neues, dass die S.E.D. bei der Zuteilung von Papier und
Wahlkampfmitteln bevorzugt wird. Nix neues, dass ihre Kandidaten Sonderurlaub
bekommen, die der anderen Parteien nicht. Nix neues, dass es Unterstützung von
ganz oben gibt. Aber dann nur 66 Prozent – da hatte man sich mehr erhofft (und
später es ja auch ganz gut geschafft).
Mittwoch, 20. Juni 2012
Dienstag, 19. Juni 2012
Montag, 18. Juni 2012
18. Juni 1968
"Sozialismus sollte es
werden bei euch, Gesine. Das haben sie euch von Anfang an nicht verschwiegen. /
Sozialismus sollte es sein. Aber nicht einer aus der Tüte. Die Deutschen
sollten sich selber einen machen." Eine historische Chance eigentlich, die
aber super schnell vertan wurde - und nicht nur wegen der Eitelkeiten, die
Gesine ausführlich aufzeigt. [Und damit ist das Ende von Band drei erreicht.
Bis zum 20. August liegen jetzt 500 weitere Seite vor mir.]
Sonntag, 17. Juni 2012
17. Juni 1968
Marie war gestern zum ersten Mal alleine auf
der Ferry – alles gut gelaufen, „glattes, graues Wasser“. Heute geht es weiter
im Text, die Urgroßmutter, Louise Papenbrock ist Thema. Immer noch
herrschsüchtig und auf ihren Gewinn bedacht, versucht sie den großen Saal
wieder herzurichten, um ihn auf alle Fälle nicht den Flüchtlingen als Wohnraum
überlassen zu müssen. Geht nicht ganz auf die Idee, er wird Versammlungsraum
für die „Union“, gemeint ist die „C.D.U.“ Da ist sie jetzt nämlich Mitglied,
aber leider, leider nur Mitglied und nicht Vorsitzende wie Fr. Klupsch. Und
mäßig elegant beschreibt Johnson: „Der Klupsch hing mehr Fett an als ihr
Knochengerüst haben wollte“ – und das obwohl es so richtig viel nicht zu
futtern gibt. Hauptthema sind die Flüchtlinge, die man aus den Wohnungen raus
haben will, also bittet man die Kommandantur doch die Wohnbaracken vom
Flughafen für sie wieder herzurichten, denn dort sitzt eh nur eine
Wachmannschaft und geflogen wird von dort auch nicht. Die Antwort: „Den
Flugplatz gibt es nicht.“
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