Die "Jahrestage" von Uwe Johnson (1934-1984) erschienen in den Jahren 1970, 1971, 1973, 1983.

In 366 Tageseinträgen vom 21. August 1967 bis zum 20. August 1968 wird das Leben der Gesine Cresspahl erzählt.

Mein Vorhaben: Zum jeweiligen Datum den Eintrag zu lesen und hier meine Gedanken, Kommentare zu posten


Samstag, 21. Juli 2012

21. Juli 1968


Marie hat Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch dann mal. Und sie bedankt sich in einem langen Brief an die rote Anita für das Geschenk von ihr, ein Medaillon, in dem eine Uhr versteckt ist, so dass sie es auch in der Schule tragen kann. Dann die Auflistung anderer Geschenke (Briefpapier, Blumen, Modell des englischen Vorkriegsdaimler, Shakespeare, Kaugummi, Sparbuch …) Später geht es noch mit dem Sonntagskind auf einen Spaziergang und wie zufällig finden sich da dann auch noch Geschenke, eine Armband und einen Taschenrechner. Marie verrät Anita auch, dass Gesine und D.E. im Herbst, nach Prag heiraten wollen und berichtet, dass sie schon eine gemeinsame Wohnung gemietet haben, in der Marie so etwas wie ein Einliegerwohnung dann beziehen darf. Nicht schlecht für eine Elfjährige. Fete gibt es keine, denn sie kann Francine nicht finden – und das wäre die erste Gästin gewesen.

Freitag, 20. Juli 2012

20. Juli 1968


Pius und Gesine sind ein Paar. Und das wird nun auf mehreren Seiten sehr ausführlich und akribisch beschrieben. Von Vorteilen und von Nachteilen ist die Rede. Eigentlich Belanglosigkeiten – aber es ist die erste Liebe halt, da und da ist jeder Dreck wie Gold. Von der Umgebung wird das Paar akzeptiert, niemand hat was dagegen, niemand macht Stress. Und wer nun hofft – also ich schon etwas – dass Johnson sich mal hinreißen lässt, auch etwas über Intimitäten zu schreiben, der wird – erwartungsgemäß – enttäuscht: „Das ist doch Jacke wie Hose, was die tun, wenn sie allein sind! Das ist unser Paar.“

Donnerstag, 19. Juli 2012

19. Juli 1968

Gewitter in New York. So was aber auch!

Mittwoch, 18. Juli 2012

18. Juli 1968


Einführung von Pius Pagenkopf (= Pferdehaupt), bei dem Namen ein Kathole. Ein Jahr älter als Gesine, der Vater „mit leitender Funktion in der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands und hohem Amt in der mecklenburgischen Landesregierung“. Nicht, dass er sich an sie ranschmeißt, aber eines Tage steht er vor ihrer Tür, braucht angeblich in Mathematik Nachhilfe. Sie werden zwar kein Paar, aber wie es aussieht, dicke Freunde.

Dienstag, 17. Juli 2012

17. Juli 1968

Wenn ich das richtig verstehe, und meine Konzentration geht heute gegen Null, dann versucht Cresspahl beim Innungsmeister mal nachzuhorchen, ob es für ihn eine Chance auf Arbeit gibt, da er, wegen Gesines Weigerung, sie in Jerichow durchbringen will. Aussichten macht man ihm jedenfalls keine.

Montag, 16. Juli 2012

16. Juli 1968

Tja heute hat es dann halt mal Gesine erwischt. Volle Breitseite - ach die Arme. Musste in der Bank aufs Podium, wo regelmäßig verschiedene Mitarbeiter geehrte werden, leider wissen die nie vorher, ob sie geehrt werden. Nun ist überraschend Gesine dran. Man kennt es vielleicht. Lobreden, die einem die Schamesröte ins Gesicht steigen lässt, die Peinlichkeit, von sovielen fremden Leuten angestarrt zu werden und zu denken, das stimmt doch alles nicht. Na, da musste sie halt durch. Schadensersatz hat sie aber dann doch auch noch bekommen: einen Scheck über 800 Dollar.

Sonntag, 15. Juli 2012

15. Juli 1968


Nichts, was den Eintrag von gestern heute erhellen würde. Lise Wollenberg ist Thema, eine Schulfreundin von Gesine, da sie beide mit dem Zug in die Schule fahren müssen. Entweder befreundet in einem Abteil, oder verfeindet in zweien. Sie nehmen die erste Variante. Macht Johnson gut, wie er Lise schildert, wie er es auf wenigen Seiten versteht sie als ein fröhliches, liebenswertes Mädchen zu schildern, welches es versteht den Jungs den Kopf zu verdrehen und die eigenen Fahne in den Wind zu hängen. Kurz, sie ist sehr auf ihren Vorteil bedacht und so kommt es aus, dass die Freundschaft auseinander geht, als sie ein Zimmer in Gneez bezieht und nicht mehr mit dem Zug fahren muss. Leicht bösartig bzw. verletzt der Schluss: „Sie hatte ein Ziel vor Augen; sie ist heute eine Steuerberaterin im Sauerland, Bundesrepublik, Ihr Kleid [das hat sie Gesine geschenkt], gründes Organza mit eingewebten dicken Punkten, es hätte mir gestanden auf jenem Klassenfest, bei Geburtstagen: ich habe es nur anprobiert.“