Marie hat Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch
dann mal. Und sie bedankt sich in einem langen Brief an die rote Anita für das
Geschenk von ihr, ein Medaillon, in dem eine Uhr versteckt ist, so dass sie es
auch in der Schule tragen kann. Dann die Auflistung anderer Geschenke
(Briefpapier, Blumen, Modell des englischen Vorkriegsdaimler, Shakespeare,
Kaugummi, Sparbuch …) Später geht es noch mit dem Sonntagskind auf einen
Spaziergang und wie zufällig finden sich da dann auch noch Geschenke, eine
Armband und einen Taschenrechner. Marie verrät Anita auch, dass Gesine und D.E.
im Herbst, nach Prag heiraten wollen und berichtet, dass sie schon eine gemeinsame
Wohnung gemietet haben, in der Marie so etwas wie ein Einliegerwohnung dann
beziehen darf. Nicht schlecht für eine Elfjährige. Fete gibt es keine, denn sie
kann Francine nicht finden – und das wäre die erste Gästin gewesen.
Die "Jahrestage" von Uwe Johnson (1934-1984) erschienen in den Jahren 1970, 1971, 1973, 1983.
In 366 Tageseinträgen vom 21. August 1967 bis zum 20. August 1968 wird das Leben der Gesine Cresspahl erzählt.
Mein Vorhaben: Zum jeweiligen Datum den Eintrag zu lesen und hier meine Gedanken, Kommentare zu posten
Samstag, 21. Juli 2012
Freitag, 20. Juli 2012
20. Juli 1968
Pius und Gesine sind ein Paar. Und das wird
nun auf mehreren Seiten sehr ausführlich und akribisch beschrieben. Von
Vorteilen und von Nachteilen ist die Rede. Eigentlich Belanglosigkeiten – aber es
ist die erste Liebe halt, da und da ist jeder Dreck wie Gold. Von der Umgebung
wird das Paar akzeptiert, niemand hat was dagegen, niemand macht Stress. Und
wer nun hofft – also ich schon etwas – dass Johnson sich mal hinreißen lässt,
auch etwas über Intimitäten zu schreiben, der wird – erwartungsgemäß –
enttäuscht: „Das ist doch Jacke wie Hose, was die tun, wenn sie allein sind! Das
ist unser Paar.“
Donnerstag, 19. Juli 2012
Mittwoch, 18. Juli 2012
18. Juli 1968
Einführung von Pius Pagenkopf (=
Pferdehaupt), bei dem Namen ein Kathole. Ein Jahr älter als Gesine, der Vater
„mit leitender Funktion in der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands und
hohem Amt in der mecklenburgischen Landesregierung“. Nicht, dass er sich an sie
ranschmeißt, aber eines Tage steht er vor ihrer Tür, braucht angeblich in
Mathematik Nachhilfe. Sie werden zwar kein Paar, aber wie es aussieht, dicke
Freunde.
Dienstag, 17. Juli 2012
17. Juli 1968
Wenn ich das richtig verstehe, und meine Konzentration geht heute gegen
Null, dann versucht Cresspahl beim Innungsmeister mal nachzuhorchen, ob
es für ihn eine Chance auf Arbeit gibt, da er, wegen Gesines Weigerung,
sie in Jerichow durchbringen will. Aussichten macht man ihm jedenfalls
keine.
Montag, 16. Juli 2012
16. Juli 1968
Tja heute hat es dann halt mal Gesine erwischt. Volle Breitseite - ach
die Arme. Musste in der Bank aufs Podium, wo regelmäßig verschiedene
Mitarbeiter geehrte werden, leider wissen die nie vorher, ob sie geehrt
werden. Nun ist überraschend Gesine dran. Man kennt es vielleicht.
Lobreden, die einem die Schamesröte ins Gesicht steigen lässt, die
Peinlichkeit, von sovielen fremden Leuten angestarrt zu werden und zu
denken, das stimmt doch alles nicht. Na, da musste sie halt durch.
Schadensersatz hat sie aber dann doch auch noch bekommen: einen Scheck
über 800 Dollar.
Sonntag, 15. Juli 2012
15. Juli 1968
Nichts, was den Eintrag von gestern heute
erhellen würde. Lise Wollenberg ist Thema, eine Schulfreundin von Gesine, da
sie beide mit dem Zug in die Schule fahren müssen. Entweder befreundet in einem
Abteil, oder verfeindet in zweien. Sie nehmen die erste Variante. Macht Johnson
gut, wie er Lise schildert, wie er es auf wenigen Seiten versteht sie als ein
fröhliches, liebenswertes Mädchen zu schildern, welches es versteht den Jungs
den Kopf zu verdrehen und die eigenen Fahne in den Wind zu hängen. Kurz, sie
ist sehr auf ihren Vorteil bedacht und so kommt es aus, dass die Freundschaft
auseinander geht, als sie ein Zimmer in Gneez bezieht und nicht mehr mit dem
Zug fahren muss. Leicht bösartig bzw. verletzt der Schluss: „Sie hatte ein Ziel
vor Augen; sie ist heute eine Steuerberaterin im Sauerland, Bundesrepublik, Ihr
Kleid [das hat sie Gesine geschenkt], gründes Organza mit eingewebten dicken
Punkten, es hätte mir gestanden auf jenem Klassenfest, bei Geburtstagen: ich
habe es nur anprobiert.“
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