Die "Jahrestage" von Uwe Johnson (1934-1984) erschienen in den Jahren 1970, 1971, 1973, 1983.

In 366 Tageseinträgen vom 21. August 1967 bis zum 20. August 1968 wird das Leben der Gesine Cresspahl erzählt.

Mein Vorhaben: Zum jeweiligen Datum den Eintrag zu lesen und hier meine Gedanken, Kommentare zu posten


Samstag, 17. September 2011

17. September 1967


„Cresphal, zurück in London zu Beginn der 36. Steuerwoche 1931, richtet sich allen Ernstes auf ein Leben mit Papenbrocks jüngster Tochter ein.“ Damit wäre für heute auch alles gesagt. Passt mir gut, muss eh gleich weg und komme sicher heute nicht mehr wieder.

Freitag, 16. September 2011

16. September 1967

Stimmungsbericht. Marie fährt gerne Fähre, genauer, mit der South Fairy. Wochenends hin und zurück, für Spaß. Gesine  muss immer mit. Früher hat sie in Zeichnungen nach Düsseldorf New York als bloßen Hafen mit Autos und Kindergarten dargestellt, sie fährt schon seit Kindertagen mit Lust.  Wieder den Eindruck, dass sie sehr selbständig ist, auch sehr ernst. 

Donnerstag, 15. September 2011

15. September 1967


Ein Tagebucheintrag, wie er auch von mir stammen könnte. Lauter Schnipsel. Die Feststellung: „Dieser Sommer ist vorüber.“ OK, das lässt sich auch heute so sagen, denn es ist so. Doch Johnson setzt eben noch eine Kleinigkeit oben drauf: „Das ist unsere zukünftige Vergangenheit.“ Ich mag diese Spielerei mit den Zeiten, auch wenn es manchmal sich schwer antut. Das Jetzt ist eben schon Vergangenheit, das ehemalige Jetzt erst recht, aber wenn ich Altes lese, dann ist es Jetzt obwohl vergangen. Ansonsten: Tagesnachrichten. Viel Tod durch Krieg und Kriminalität, aber das spielen die Einträge schon die ganze Zeit an – man darf nicht vergessen, zu der Zeit war der Vietnam-Krieg. Gesine bekommt einen Anruf aus Westberlin. Von Anita. Will wissen wie ihr es geht. Wer ist Anita? Und: Wie geht es Gesine? Krupp ist gestorben.

Mittwoch, 14. September 2011

14. September 1967

Reflexionen, warum Cresphal in Jerichow so lange auf Liesbeth, der Mutter von Gesine wartet. Der Erzähler behauptet jedenfalls, dass er dort seine Zeit vertue, anstatt zu arbeiten, obwohl es genug gäbe. Er verhalte sich fast wie ein 16-Jähriger, dem das Mädchen auf einmal mehr als die Welt ist. Aber warum darf ein 43-Jähriger nicht so verliebt sein wie ein 16-Jähriger. Ich vermute, es entsprach einfach nicht der Arbeitsmoral der Zeit. Der „Nichtstuer in Schlips und Kragen“ erkundet die kleine Stadt, setzt sich als „Forschungsreisender“ in die Bahnhofswirtschaft, dem Lokal der Nazis, wo er auf Horst, dem Bruder von Liesbeth wartet. Den trinkt er unter den Tisch und stellt den Weinerlichen danach vor dem Hause ab. Wir werden es sicher mit zwei Geschichten zu tun bekomen.

Dienstag, 13. September 2011

13. September 1967

Denke ich logisch bei dem heutigen Eintrag, dann hat der Sonderjob von gestern bis nach Mitternacht gedauert. Denn warum sonst, wird das Thema heute fortgesetzt? Was man noch erfährt ist nicht so viel. Sie verdient 8.000 Dollar im Jahr (alle zwei Wochen gibt es einen Gehaltsscheck), Gesinde hat fünf Monatsgehälter auf dem Konto (mag das mal jemand ausrechnen?) um die Schule notfalls für Marie zahlen zu können. Ihre Kündigungsfrist beträgt 14 Tage. Die Überstunden beim Vize-Präsidenten, der im Hotel fürstlich umsorgt wird, haben Spaß gemacht, werden aber wohl nicht bezahlt. Sie musste einen Brief übersetzten, einen Brief aus Prag „in polnischem Französisch“ in dem es um Nachtlokale, Schmalfilm, einem Mädchen namens Maria Sofia und Staatskredit auf Dollarbasis ging. Überstunden mit Cocktails, sie fand es lustig. Ich kann mir nach wie vor noch kein Bild von Gesine machen. Ich stelle sie mir schlank vor mit dunklem Haar (und bitte nicht fragen, wie ich darauf komme). Und ich glaube, sie ist eher eine Schweigsame. Aber auch ein Hübsche.

Montag, 12. September 2011

12. September 1967

Heute geht es mal zum Kennedy-Flughafen. Gesine wird gebeten für den Vize-Direktor der Bank als Übersetzerin zu fungieren. Aber bis es soweit ist, erst einmal die Fahrt mit Chauffeur. Wohl fühlt sie sich die „Angestellte Cresphal“ in dem schicken Wagen nicht, Arthur, der fährt, behandelt sie zwar zuvorkommend, aber kalt. Sie fühlt sich „angeliefert“. Ganz anders dann, als sie den Vize-Direktor abgeholt haben und weiterfahren. Die beiden Männer plaudern im lockeren, vertrauten Ton, alle Förmlichkeit und Kälte ist verschwunden – und dennoch ist Gesine Beiwerk.

Sonntag, 11. September 2011

11. September 1967


Der Eintrag ist der „Tante Times“ gewidmet und zeigt, welch inniges Verhältnis Gesine zu diesem Druckerzeugnis hat. Ich denke nicht, dass heute noch jemand eine ähnliche Verbindung aufnimmt, denn welche Tageszeitung hat noch wirklich einen Charakter?