Die "Jahrestage" von Uwe Johnson (1934-1984) erschienen in den Jahren 1970, 1971, 1973, 1983.

In 366 Tageseinträgen vom 21. August 1967 bis zum 20. August 1968 wird das Leben der Gesine Cresspahl erzählt.

Mein Vorhaben: Zum jeweiligen Datum den Eintrag zu lesen und hier meine Gedanken, Kommentare zu posten


Samstag, 24. Dezember 2011

24. Dezember 1967

Die Papenbrock'sche 'Weihnachtsgeschichte' wird erzählt, wie der ganz alte Papenbrock, Albert, 1922 nach Jerichow kommt, um Ersatz zu suchen für die "Gutspacht, die er in Vietsen an der Müritz aufgegeben hatte". Er wird fündig, richtet sich ein. Die Töchter werden auf Schulen nach Lübeck geschickt, dann heiraten sie, wir wissen das ja. Ein 'friedlicher' Text, ein Rückblick.

Freitag, 23. Dezember 2011

23. Dezember 1967

Brief an einen Herrn Dr. Kliefoth aus Jerichow. Keine Ahnung wer das ist. Aber Gesine beschreibt recht ausführlich ihre Tochter, Aussehen, Sprache. Dann Impressionen aus dem weihnachtlichen New York – der übliche Weihnachtskonsum-Terror halt, so wie wir ihn halt auch immer erleben müssen. 

Donnerstag, 22. Dezember 2011

22. Dezember 1967


Marie ist heute etwas schnippisch und beschimpft ihre Mutter, die Lügen nicht ausstehen kann, macht aber klar, dass man ohne Lügen gar nicht durch das Leben kommt, „wenn wir nicht lögen wie drei amerikanische Präsidenten hintereinander“. Wulff lässt zwar nicht grüßen, aber entbietet wohl schon mal seine Hochachtung. Ansonsten Stimmungsbericht aus Jerichow, wo ein Flugplatz gebaut wird, den man, weil geheim und Sperrgebiet, alle nur „Mariengabe“ nennen, „nach dem Dorf, das dabei draufgegangen war“. Und wenn sich einer mal wieder nicht dran hält, dann ist es natürlich Cresspahl. Doch die Beschwerde von Bürgermeister Jansen nach ganz weit oben wird diesen kurzerhand um die Ohren geschlagen. Dennoch, da viel am Flughafenbau verdienen, ist der „Österreicher“ derzeit kein wirkliches Thema. (In eigener Sache. Ab morgen, spätestens ab übermorgen wird es mit dem Hochladen der Texte schwierig wenn nicht gar unmöglich. Ich hole es nach und versichere, dennoch jeweils am jeweiligen Tag gelesen zu haben.)

Mittwoch, 21. Dezember 2011

21. Dezember 1967


Der Krieg in Vietnam ist heute Thema. Der ist es ja im Grunde schon die ganze Zeit, denn ein Großteil der Nachrichten, die Johnson aus der NYT wiedergibt handelt davon. Heute sind es Überlegungen von Gesine, dass Marie sich das ja alles gar nicht vorstellen kann, da sie es nur aus Erzählungen, nicht aus eigenem Erleben und anscheinend auch nicht aus Bildern kennt. Es ist für die Kleine etwas Abstraktes, schwer zu vermittelndes. Aber selbst wenn man Bilder sieht, wie wir, übermäßig im Fernsehen, ich bin mir nicht sicher, ob wir wissen, was Krieg ist. Vielleicht haben wir eine kleine Ahnung, aber wohl dann doch nicht eine ausreichende Vorstellungskraft. Und dann ist heute Johnson ‚prophetisch aktuell’, denn Marie konstatiert: „Ein Präsident kann nicht lügen: sagt Marie. Es käme doch heraus!“

Dienstag, 20. Dezember 2011

20. Dezember 1967


Gesine und Marie sind Schwimmen. Wollte ich heute eigentlich auch tun, na ja, Schwamm drüber. Allgemeine Betrachtungen über das Hotelbad, über zwei deutsche Gäste, denen Gesine imponiert, Erinnerung ans Schwimmen in Jerichow.

Montag, 19. Dezember 2011

19. Dezember 1967


Der erste Satz lautet: „Oh, was kann die New York Times schimpfen!“ Das Gleiche kann ich, ohne die Überraschung in der Stimme, auch über meinen Chef sagen. Ne gute Stunde am Stück musste eine Kollegin und ich uns etwas anhören – und es wollte einfach nicht enden. Na, immerhin mal einen direkten Bezug zu den „Jahrestagen“. Ansonsten Beschreibung der vorweihnachtlichen Stimmung, alle sind gut drauf, alle meinen es ehrlich. Das kenne ich manchmal auch – dieses Jahr ist es allerdings noch nicht eingetreten. Aber ich erinnere mich gut an diese Tage, wenn alle und jeder mit mehr Freundlichkeit, Rücksicht auftritt, alles eher locker nimmt, nicht so verkrampft ist. Und nur deswegen, weil Weihnachten ist? Die letzten Zuckungen und Auswirkungen eines christlichen Festes, das an Bedeutung massiv verloren hat? Oder liegt es an den kollektiven freien Tagen? Oder an dem Bewusstsein, spätestens am 1. Weihnachtsfeiertag gibt es in der Familie wieder Zoff, weil man es nicht gewohnt ist, so lange auf einem Haufen zu sitzen? Ich habe mir jedenfalls vorgenommen weder ‚besinnliche’ oder ‚frohe’ Weihnachten zu wünschen, sondern nur ‚gesegnete’. Sollen die Leute doch gucken und sich überlegen, ob ich soo christlich bin, aber meiner Meinung nach sollten Feiertage, ob kirchlich oder weltlich, für das genutzt werden, weswegen man frei hat. In dem Fall heißt das an Weihnachten drei mal Kirche – aber wer macht das schon? Also komplett abschaffen. Ich hasse es einfach, wenn-man-so-tut-als-ob oder auf dem Rücken von den wenigen echten Kirchgängern in diesem Fall, drei Tage faul in der Gegend rumhängt und nichts Gescheites anstellt. Dass jetzt der Einzelhandel aufschreien würde, wenn er das hier lesen würde, weiß ich – aber diese jährliche Vermeldung, man hätte im Weihnachtsgeschäft noch mehr Umsatz gemacht als im letzten Jahr ist doch nichts anders als eine Teufelsspirale. Zurück zu Johnson. Der Satz muss jetzt noch sein: „Der Mann gibt sich säuerlich, oder seine bleiche Gesichtsfarbe macht ihn dazu, weil sie schon am frühen Nachmittag von schwärzlichen Bartwuchs verpetzt wird.“ Oh, könne ich nur einmal so einen Satz schreiben! Es ist übrigens der Käsehändler, der nach zwei Jahren Bekanntschaft zum ersten Mal das Wort an Gesine richtet. Ob das ihr Kind sein, ob sie verheirat sei? Gesine: „Die Antwort ist positiv“, der „So. Nun ja. Das wäre das.“ Nun noch ein Satz in eigener Sache: Der erste von vier Bänden ist hiermit gelesen!

Sonntag, 18. Dezember 2011

18. Dezember 1967


Heute geht es quasi einmal quer durch Jerichow. Auflistung der Bürger und ihr Verhältnis zum Nationalsozialismus. Ergebnis: Alle haben sich, irgendwie, meistens besser als schlechter, damit zurecht gefunden. Cresspahl hat jetzt ein Telefon und den Aufnahmeantrag in die Partei nicht unterschrieben und nicht zurückgebracht.