Die "Jahrestage" von Uwe Johnson (1934-1984) erschienen in den Jahren 1970, 1971, 1973, 1983.

In 366 Tageseinträgen vom 21. August 1967 bis zum 20. August 1968 wird das Leben der Gesine Cresspahl erzählt.

Mein Vorhaben: Zum jeweiligen Datum den Eintrag zu lesen und hier meine Gedanken, Kommentare zu posten


Freitag, 30. September 2011

30. September 1967


Geschickt, geschickt. Der letzte Satz aus dem Dialog zwischen Gesine und Marie lautet, von Marie gesprochen: „Wetten“ sagte das Kind: wetten, daß es kracht? Wetten?“ Und ich als Leser stimmte ihr sofort zu, denn das, was sie gerade gefragt und erzählt hatte, läuft auf einen Krach hinaus. Doch Johnson fügt diesem Satz noch einen kleinen Absatz hinzu: „Denn manche Fährschiffe zielen zu spät auf das Becken, so daß das schwere Schiff gegen die hölzerne Pfahlwand der Einfahrt kracht …“ Ach ja, wir erinnern uns, es ist ja Samstag – Fährtag. Davor befragt Marie Gesine über die ersten Anfänge von Liesbeth bei ihrem Mann in Richmond / England aus. Eine nicht ganz einfach Eingewöhnungszeit und Liesbeth wird als eine Person geschildert, die schon einen gewissen Stolz hat und vielleicht auch nicht unbedingt die sparsamste ist. Aber das scheint sie wiederum von ihrer Mutter zu haben. Nach Hause schreibt sie jedenfalls nur Gutes, leicht übertrieben, leicht angeberisch. Andererseits ist sie auch recht großzügig, erfreut sich ihrer neuen Stellung und will natürlich mehr, ein eigenes Haus, „nur zum Wohnen … mit einem Garten rückwärtig (>für die Kinder<) …“ Sie hat große Pläne, scheint aber in der finanziellen Realität noch nicht angekommen zu sein. Ihrer Mitgift hat sich jedenfalls schon mit Kochgeschirr u.a. verjubelt. Und einen Kirche hat sich für sich auch nicht gefunden, zu kompliziert, was ‚evangelisch‘ dort sein könnte – also geht sie in gar keine. Cresphal zeigt sie die Briefe nach Hause, der sie daraufhin „von der Seite, etwas von unten, nicht ganz behaglich“ ansah. Aber sie behält auch was für sich, einen unbedeuteten Brief, wie ich es derzeit interpretiere und von Herbert Wehmke, „Fähnrich zur See“ hat sich noch keinen Ton gesagt. Wer ist das? „Wetten? Sage das Kind …“

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